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Heiß auf Geothermie – wie Taiwan seine unterirdische Energiequelle wiederentdeckt

Die Datun-Vulkangruppe liegt nördlich von Taipei und ist ein Teil des Yangmingshan-Gebirges, einem beliebten Wandergebiet. Die natürlichen heißen Quellen dort sowie die natürlichen Sulphurvorkommen mit ihrem strengen Geruch lassen einen schon erahnen, dass es hier unter der Erdoberfläche ziemlich brodeln muss. (Foto: Shangning Postel-Heutz)
Die Datun-Vulkangruppe liegt nördlich von Taipei und ist ein Teil des Yangmingshan-Gebirges, einem beliebten Wandergebiet. Die natürlichen heißen Quellen dort sowie die natürlichen Sulphurvorkommen mit ihrem strengen Geruch lassen einen schon erahnen, dass es hier unter der Erdoberfläche ziemlich brodeln muss. (Foto: Shangning Postel-Heutz)

Geothermie liefert konstant Energie, braucht wenig Platz – und Taiwan hat ein hohes Potenzial. Dennoch kommt die Entwicklung von Geothermie erst in den letzten Jahren langsam in Schwung. Über die Herausforderungen im Ausbau von Geothermie in Taiwan spricht Professor Song Shengrong im Rti-Interview. 

Taiwan will bis 2050 klimaneutral werden. Im Jahr 2024 machten fossile Brennstoffe jedoch noch über 80% der Energieversorgung aus. Zwar treibt die Regierung den Ausbau von Solarenergie und Windkraft voran, doch unter anderem ein Mangel an geeigneten Flächen stellt eine Herausforderung dar. Dazu kommt, dass die Stromproduktion von Wind- und Solarkraft je nach Wetterlage fluktuiert – Stichwort Dunkelflaute.

Geothermie, also die Nutzung von Erdwärme, könnte eine Lösung sein. Geothermie produziert nicht nur konstant Energie, sondern ist auch noch relativ platzsparend. Und dank seiner geografischen Lage im “pazifischen Feuerring” hat Taiwan auch noch ein hohes Potenzial für Geothermie – nicht umsonst ist das Land für seine heißen Quellen berühmt. Wie sich die Nutzung dieser Energiequelle in Taiwan entwickelt und welche Herausforderungen es dabei gibt, darüber habe ich mit Professor Song Shengrong (宋聖榮) gesprochen. 

Professor Song ist Professor an der Geowissenschaftlichen Fakultät der National Taiwan University in Taipei. Während er ursprünglich vor allem zu Vulkanen und Naturkatastrophen forschte, hat er sich in den letzten 15 Jahren der Erforschung von Geothermie zugewendet. Er ist einer der wichtigsten Experten für Geothermie in Taiwan und berät auch Unternehmen zur Erschließung dieser Energiequelle.

Unterschiedliche Arten der Geothermie

Er erklärt mir, bei Geothermie geht es vor allem um die Temperatur – je nach der unterirdischen Temperatur gibt es unterschiedliche Techniken der Energiegewinnung. Dabei geht es in Taiwan konkret um Stromgewinnung, denn die Nachfrage an geothermischer Wärme ist hier aufgrund der auch im Winter milden Temperaturen eher gering. 

Bei hohen Temperaturen kann das sogenannte Dry-Steam Verfahren, also “Trockendampf-Verfahren”, zum Einsatz kommen. Das ist die älteste und effizienteste geothermische Technik. Dabei wird der Wasserdampf an die Erdoberfläche befördert, um Turbinen zur Stromerzeugung anzutreiben. Die notwendige Infrastruktur ist im Vergleich zu anderen geothermischen Verfahren weniger komplex. Geeignete Dry-Steam-Reservoirs sind allerdings geografisch begrenzt, denn nicht überall gibt es “trockenen” Wasserdampf, der gefördert werden kann. 

Hier kommt das Wet-Steam-Verfahren ins Spiel. Auch als “Flash Steam” bekannt, wird heißes Wasser mit Temperaturen von mindestens 180 °C an die Oberfläche gepumpt. An der Oberfläche wird der Druck des geförderten Wassers reduziert, wodurch sich ein Teil des Wassers in Dampf verwandelt. Dieser “Nassdampf” treibt dann eine Turbine an. 

Manchmal ist das Wasser aber nicht heiß genug, sodass es an der Oberfläche verdampfen kann. In diesem Fall kann die Wärme auf einen andere Flüssigkeit übertragen werden, die einen niedrigeren Siedepunkt hat. Mit dem Dampf dieser zweiten Flüssigkeit wird dann eine Turbine zur Stromerzeugung angetrieben. Das bezeichnet man als “Organic Rankine Cycle”, kurz ORC, weil die Arbeitsflüssigkeit eine organische Substanz ist. Manchmal wird auch der Oberbegriff “Binary Cycle” verwendet, weil es im Gegensatz zu Dry Steam und Wet Steam zwei Flüssigkeitskreisläufe gibt. Der große Vorteil daran ist, dass es auch für verhältnismäßig niedrige Temperaturen geeignet ist – ich sage bewusst verhältnismäßig, denn immer noch werden Temperaturen von etwa 90 bis 180 °C benötigt. 

Professor Song erzählt mir,

“In Taiwan herrschen vor allem niedrigere Temperaturen vor. Derzeit hat Taiwan vier oder fünf Geothermieanlagen, und diese benutzen alle die Binary Cycle Technologie.”

Diese Anlagen sind bisher alle ziemlich klein, mit einer Kapazität von 1 MW oder weniger. Die einzige Ausnahme davon ist eine alte, jüngst wieder in Betrieb genommene Anlage in Qingshui, in Yilan. Darüber später mehr. Es gibt nämlich noch einen weiteren Hoffnungsträger.

In der Zukunft hat Taiwan das Potential, den Wasserdampf der Datun-Vulkangruppe zu nutzen. Dort ist die Temperatur höher und derzeit werden dort Bohrungen durchgeführt. Die Temperaturen von 245 °C ermöglichen die Anwendung des Dry-Steam-Verfahrens.”

Die Datun-Vulkangruppe liegt nördlich von Taipei und ist ein Teil des Yangmingshan-Gebirges, einem beliebten Wandergebiet. Die natürlichen heißen Quellen dort sowie die natürlichen Sulphurvorkommen mit ihrem strengen Geruch lassen einen schon erahnen, dass es hier unter der Erdoberfläche ziemlich brodeln muss. 

Das Dry-Steam-Verfahren ist weniger komplex, und sein Wirkungsgrad ist höher, erzählt mir Professor Song.

“Je höher die Temperatur, desto höher ist auch die Effizienz der Umwandlung. Beim Organic Rankine Cycle liegt die bei 12 bis 15%. Bei Nassdampf wird ein Wirkungsgrad von 20 bis 25% erreicht, bei Trockendampf über 25%.” 

Frühe Entwicklung der Geothermie in Taiwan

Erste Bohrungen zur Entwicklung von Geothermie fanden in Taiwan schon in den 60er Jahren statt. 1981 dann wurde Taiwan das 14. Land weltweit, das Geothermie zur Stromgewinnung einsetzte. Das Geothermie-Kraftwerk in Qingshui an der Ostküste Taiwans hatte eine Kapazität von 3 MW.

1993 bereits wurde die Anlage allerdings wieder stillgelegt. Das hatte aus akademischer Sicht vor allem drei Gründe: 

“Zunächst war der Wirkungsgrad zu niedrig. In Qingshui kann die Temperatur unten im Bohrschacht zwar 200 Grad erreichen, aber oben sind es rund 150 bis 160 Grad. Nur etwa 20% des Wassers wurden so zu Dampf. Die Anlage war so gestaltet, dass nur der Wasserdampf genutzt wurde. Die 80% an heißem Wasser wurden nicht verwendet.” 

Das zweite Problem war “scaling”, wobei sich im Wasser gelöste Mineralien in den Rohren ablagern. “Die Ablagerung kann den Rohrbrunnen verstopfen, wodurch deine Produktionskapazität rapide abnimmt.”, erklärt Professor Song. 

Die Anlage in Qingshui hat damals auch das gepumpte Wasser nicht wieder in die Erde zurückgeführt.

“Nachdem der Wasserdampf entfernt wurde, haben sie den Rest einfach in den Fluss geleitet. Ohne Reinjektion kann es leicht zu einer raschen Erschöpfung des Reservoirs kommen, sodass die Produktionskapazität schnell verloren geht.”

Für den Betreiber Taipower war die Anlage damit einfach nicht wirtschaftlich, wodurch sie nach etwa 12 Jahren Betriebszeit wieder stillgelegt wurde. 

Die Zeiten ändern sich

Jetzt haben sich aber die Umstände geändert. 36 Unternehmen mit Hauptsitz in Taiwan haben sich unter der RE100-Initiative verpflichtet, ihren Stromverbrauch auf 100% erneuerbare Energien umzustellen. Dazu kommen zahlreiche internationale Unternehmen, die auch in Taiwan aktiv sind. Beim derzeitigen Stand der Energiewende in Taiwan ist es aber gar nicht so einfach, diesen grünen Strom aufzutreiben, denn Taiwan setzt immer noch viel auf importierte fossile Energieträger. So wurde die Qingshui-Anlage 2021 wieder in Betrieb genommen, dieses Mal mit einer Kapazität von 4.2 MW.

Der Internetgigant Google hat die Sache derweil selbst in die Hand genommen. Im April 202l gab das Unternehmen bekannt, einen Vertrag zum Kauf von geothermischer Energie mit Baseload Power Taiwan unterzeichnet zu haben. 

“Die ersten Projekte im Rahmen des Abkommens werden 10 Megawatt (MW) Strom ins Netz einspeisen und dazu beitragen, den taiwanischen Markt für geothermische Energie zu beleben", heißt es in einem Beitrag auf dem offiziellen Google-Blog.

Das Potential liegt in der Tiefe

Eine Studie der Geological Survey and Mining Management Agency (GSMMA) ergab, dass Taiwan eine potentielle Geothermie-Kapazität von 40 GW hat. Bei weniger als 1 GW davon jedoch handelt es sich um oberflächennahe Geothermie – der Rest erfordert tiefere Bohrungen. Hier kommt die sogenannte EGS-Technologie zum Einsatz. Dabei wird eine Flüssigkeit – meistens Wasser – in trockenes Gestein gepumpt und so erhitzt. Der Prozess ähnelt dabei etwas der umstrittenen Fracking-Technologie. 

EGS ist nicht unumstritten, denn es besteht ein Risiko von induzierter Seismizität, also von Menschen-gemachten Erdbeben. Will Taiwan aber sein Ziel von 3 bis 6 GW an installierter geothermischer Kapazität bis 2050 erreichen, wird es um diese Technologie nicht herumkommen, sagt Professor Song. 

“Die oberflächennahe Geothermie in Taiwan hat nur ein Potential von einem Gigawatt. Wenn du über ein Gigawatt hinausgehen willst, musst du tiefe Geothermie nutzen, und da brauchst du EGS-Technologie”. 

Das hat auch etwas mit einer geografischen Besonderheit zu tun, für die sich Professor Song einen Slogan ausgedacht hat: “hot island, small reservoir”, also heiße Insel mit kleinem Reservoir. Da Taiwan in einer tektonischen Quetschzone liegt, in der zwei tektonische Platten aufeinandertreffen, ist im Gestein nur wenig Platz für Thermalwasser. Dieses muss daher durch EGS erst hineingepumpt werden. 

Derzeit stellt die Anwendung von EGS in Taiwan allerdings noch eine technische Herausforderung dar.

“Aktuell liegt die Bohrtechnik in Taiwan noch weit hinter anderen Ländern zurück. Die Bohr-Kapazität in Taiwan ist nicht ausreichend, was dafür sorgt, dass die Geothermie-Entwicklung nicht schnell voranschreiten kann.”

Er gibt ein Beispiel.

“Um einen 1000 Meter tiefen Brunnenschacht zu bohren, braucht man im Ausland bei der aktuellen Geschwindigkeit vielleicht… sie sagen 10 Tage, dann ist man fertig. In Taiwan ist man nach drei Monaten wahrscheinlich immer noch nicht fertig.” 

Dabei sei die Bohrung der wichtigste Teil von Geothermie, sagt Professor Song. 

“Die Bohrung macht die Hälfte der Kosten einer geothermischen Anlage aus, bei herkömmlicher Geothermie. Bei EGS sind es 70 bis 80% der Kosten. Daher ist die Bohrtechnik zweifellos die wichtigste Technologie, die Taiwan einführen muss. Ohne ihre Einführung können die geothermischen Ressourcen in Taiwan nicht gut genutzt werden.”

In letzter Zeit hat Taiwan tatsächlich einige internationale MOUs und Kooperationsabkommen im Bereich der Geothermie unterzeichnet. Das könnte helfen. Die hohen Bohrkosten sind allerdings nicht das Hauptproblem: 

“Um ehrlich zu sein, hat Taiwan viel Geld, und es gibt auch nicht wenige Geschäftsleute, die bereit wären, Geothermie zu entwickeln.”

Geothermie und Landrechte

Stattdessen liegen viele der geeigneten Standorte für geothermische Anlagen auf indigenem Land. Professor Song sagt, aufgrund der taiwanischen Geschichte seien viele indigene Taiwaner gegenüber Han-Menschen, also Taiwaner deren Vorfahren vom chinesischen Festland kommen, misstrauisch eingestellt. 

“Wenn wir also Standorte prüfen, braucht es eine dreifache Zusammenarbeit, zwischen den Geldgebern, denen die die Technik bereitstellen und mit den indigenen Anwohnern. Nur wenn das alles zusammenkommt, kann geothermische Entwicklung auf indigenem Land verwirklicht werden.” 

Im Januar 2025 veröffentlichen Interessenvertretungen indigener Taiwaner sechs Forderungen, was die Entwicklung von Geothermie auf indigenem Land angeht. Diese beinhalten Respekt gegenüber und Schutz von indigenen Interessen, die Einbeziehung von indigenem kulturellem Wissen in die Entwicklung von Geothermie und die Akzeptanz des Veto-Rechtes von Indigenen. Außerdem gefordert wurde die Einrichtung eines gerechten Systems der Verteilung von Gewinnen aus der Geothermie, die Einbeziehung indigener Menschen in die politische Entscheidungsfindung und Anleitungen für Geothermie-Unternehmen hinsichtlich indigener Werte und Prinzipien. 

Ein weiterer Faktor, der geothermische Entwicklung erschwert, ist, dass die Flächen in Taiwan stark fragmentiert sind. 

“Die Flächen in Taiwan sind zu fragmentiert. Mit Fragmentierung meine ich, dass einzelne Landbesitzer nur sehr kleine Grundstücke besitzen. Bohrarbeiten können daher unterirdisch benachbarte Grundstücke beeinträchtigen und möglicherweise deren Nutzung stören. Derzeit hat die Energiebehörde Lösungen für dieses Problem vorgeschlagen, die jedoch noch nicht vollständig umgesetzt wurden. Daher befinden sich sehr viele Geothermieprojekte weiterhin in einem Wartestatus.” 

Im Januar veröffentlichte das taiwanische Umweltministerium neue Vorschriften zu Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) für den Ausbau von erneuerbaren Energieanlagen.  

Für den Ausbau von Geothermie in vulnerablen Gebieten wird eine UVP erst ab 10 MW Kapazität oder 2 Hektar Grundfläche erforderlich. In anderen Gebieten wird eine Prüfung erst ab einer Kapazität von 50 MW erforderlich. 10 MW sind für eine Geothermieanlage wirklich viel - in der Praxis entfallen also die Umweltverträglichkeitsprüfungen für Geothermieanlagen. Laut Professor Song dürfte das für eine beschleunigte Entwicklung von Geothermie hilfreich sein.

Es wird sich zeigen, ob die Geothermie in den nächsten Jahren in Taiwan in Schwung kommt. Denn auch global gesehen steht die Technologie im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien noch ziemlich am Anfang, insbesondere im Bereich der Stromerzeugung. Noch hat kein Land der Welt die 3 GW-Marke überschritten. Taiwan ist also nicht alleine auf dem Weg des Geothermieausbaus.

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